Marguerite Humeau: Horizons
3 September - 11 Oktober, 2014
In Horizons inszeniert die Künstlerin Marguerite Humeau die Durchquerung großer Entfernungen, Übergänge zwischen Tierischem und Mineralischem und Begegnungen von persönlichen Wünschen und Naturkräften. Die Arbeiten in dieser Ausstellung, die Vorgeschichte, okkulte Biologie und Sciencefiction zu einem beunruhigenden Spektakel vereinen, beleben die Vergangenheit wieder, verschmelzen das Unterirdische und das unter der Haut Befindliche und updaten dabei immer das Suchgenre für das Informationszeitalter.

Entelodont, “Hell Pig”, -25M years ago und Mammoth Imperator, -4.5M years ago (beide 2012) sind klangerzeugende Skulpturen, die Resonanzräume, synthetische Kehlköpfe, Stimmbänder, Luftröhren und künstliche Intelligenzsysteme enthalten. Humeaus Ausgangspunkt sind Fossilien ausgestorbener Tiere und anatomischen Angaben über von ihnen abstammende Spezies, und sie arbeitet mit Paläontologen, Zoologen, Tierärzten, Ingenieuren, Chirurgen, HNO-Spezialisten und Radiologen zusammen, um Modelle hybrider klangerzeugender Anatomien herzustellen. Die aus diesem Prozess entstandenen Arbeiten sind visuell faszinierende dreidimensionale Formen, die merkwürdig frankensteinartigen Akteuren eine Stimme verleihen, die uns sowohl aus uralter Vergangenheit wie auch aus der Gegenwart anspricht. Die Werke entstanden für den ersten Teil einer Design-Trilogie namens The Opera of Prehistoric Creatures.

The Things? ist das zweite Kapitel einer Design-Trilogie, die die Möglichkeit der Kommunikation zwischen Welten erkundet und die Wege auslotet, wie Wissen trotz der Unmöglichkeit, das Objekt der Untersuchung zu erreichen (da es ausgestorben, unbekannt oder physisch unerreichbar ist), generiert werden kann. Das Projekt ist eine fiktionale Reise auf Jupiters eisigen Mond Europa, aufgeführt als eine reale Expedition in die Antarktis. Die Meeresbodenkamine – Unterwasservulkane, die einen dichten schwarzen Rauch ausstoßen – der Antarktis gelten als die nächsten irdischen Äquivalente zu Europas geheimnisvollen Tiefen. Der in der Nähe der antarktischen Eiskappe im Südatlantik befindlichen East Scotia Ridge soll als Prüfstand für die Erkundung von Europa und als Ort für das Projekt verwendet werden. Vor ungefähr zwei Jahren wurden entgegen aller Erwartungen unidentifizierte Spezies in diesen Meeresbodenkaminen entdeckt, die ohne Sauerstoff oder Sonnenlicht überleben können. Der Traum, außerirdischem Leben zu begegnen und mit diesen Wesen aus einer anderen Welt zu kommunizieren, treibt Humeaus Arbeit an.

Die Wesen am East Scotia Ridge kommunizieren angeblich mit Licht, schwarzem Pulver und Klang. Prop 1 (2014) ist ein vibrierendes, aufblasbares maßstabsgerechtes Modell eines Kampfjets aus schwarzem PVC. Humeau ließ dieses Objekt von einer auf die Produktion von militärischen Lockobjekten spezialisierte Firma herstellen, deren Funktion es ist, Satellitenüberwachungsprogramme zu täuschen, so dass diese sie als echte Waffen identifizieren. Prop 1 ist eine funktionale Simulation, die irgendwann in die Gewässer um die Antarktis herum abstürzen wird – als Versuch, so mit den oben erwähnten Extremophilen zu kommunizieren. Diese Gebilde wurden als die Art von Leben postuliert, die auf dem eisigen Mond Europa existieren könnten. Prop 1 stellt ein Element eines „Spektakels“ oder „Design-Blockbusters“ dar, den die Künstlerin als ein Experiment für Modelle von Kommunikationsstrategien mit Außerirdischen entwickelt hat.

Prop 2 (2014) ist eine Druckluftkanone, die eine Wolke aus schwarzem Pulver ausstößt – ein weiteres „Design-Blockbuster“-Instrument für die zukünftige Reise in die Antarktis bzw. auf Europa.

„Geringe und starke Schwingungen sind spürbar. Das aufblasbare Flugzeug wird ins Wasser geworfen. Es kracht und ist laut, die Galeriewände zittern und der Krach wird immer lauter. Das stroboskopische Gerät sendet Lichtblitze aus, die Luftdruckkanone wird ausgelöst, schwarzes Pulver kommt heraus und bildet eine Wolke aus glitzerndem schwarzem Rauch, ähnlich dem chemischen Pulver, das diese Kreaturen angeblich ausstoßen und so die Explosion simulieren.“

Angelic Organ (2014). 1848 verwendeten die Fox-Schwestern „Klopfzeichen“, um ihre sehr viel ältere Schwester und andere zu überzeugen, dass sie mit Geistern kommunizierten. 2014 hat Humeau ein Musikinstrument aus dem 18. Jahrhundert nachgebaut, das damals verboten war, weil es angeblich sowohl Spieler als auch Zuhörer in den Wahnsinn trieb. Humeaus Angelic Organ bildet die Frequenzen nach, die die Wesen angeblich ausstoßen, um miteinander zu kommunizieren, und wird an Bord de Expeditionsschiffes gespielt, um so zu versuchen, mit den Aliens der Antarktis zu kommunizieren.

Marguerite Humeau hat ihr Studium der Design Interactions am Royal College of Art 2011 abgeschlossen. Seitdem wurden ihre Arbeiten im Museum of Modern Art (New York), dem Victoria & Albert Museum (London), im Palais du Tokyo (Paris) und in der Hayward Gallery (London) ausgestellt. Arbeiten von ihr befinden sich in der permanenten Sammlung des MoMA, und ihr Werk wurde unter anderem in Publikationen wie I-D magazine, Wired, Blueprint und Designboom vorgestellt.

Offiziel Partner der Berlin Art Week 2014.

Kuratiert von Anja Henckel und Nadim Samman