Beny Wagner: Invisible Measure
04 November - 08 Dezember, 2013
Invisible Measures widmet sich gleichzeitig präsenten wie unbeachteten Mechanismen. Beny Wagners Ausstellung ist ein Versuch die Entwicklung unserer Beziehung zu Transparenz im Zusammenhang mit der Entwicklung von physischer zu immaterieller Arbeit im letzten Jahrhundert zu verstehen. Das Projekt konzentriert sich auf den Einsatz von Transparenz als Vehikel für soziale Reformen: Von der Nutzung transparenter Materialien in der Architektur zu Beginn des letzten Jahrhunderts bis zur politischen Notwendigkeit von Transpa- renz heute. Dieser Ansatz allein scheint eine eineindeutige, akkurate Art der Wahrnehmung zu versprechen. Aber das Wort definiert nicht Akkuratesse sondern Aussehen. Und Erscheinungs- bilder sind nicht beständig sondern im ständigen Wandel begriffen, sie täuschen oder sind gar nur Halluzinationen. Wenn man das Wort trennen möchte: Trans apparent: Durch – es – scheint es – was ist es dann, es?
Mit Invisible Measures adressiert Beny Wagner eine Reihe von Momenten aus der Vergangenheit wie der Gegenwart, die als es fungieren oder fungierten. Der Ausgangspunkt der ausgestellten Arbeiten stellt dabei die Erfindung von Plexiglas dar. Plexiglas garantierte als erstes Material Transparenz ohne fragil zu sein. Als Plexiglas 1933 in Deutschland erfunden wurde, setzte man es umgehend militärisch ein. Die aktuellen Erben des Plexiglas-Patents sind stolz darauf, dass das Produkt es uns ermöglicht klar zu sehen, sind aber darauf bedacht, seine Herkunft verschleiert zu halten. In diesem Fakt liegt der Katalysator für die Reflexion der Ausstellung über unser Verständnis von Transparenz und wie es unser Bedürfnis klar zu sehen drastisch verändert hat. Die Arbeiten Vision Contract, Light Politics und Without Seams bedienen sich Plexiglas und der Sprache, die es repräsentiert, und bricht so mit systematischen Codes unserer Wahrnehmung.
Der Film Invisible Measure (2013) ist eine Reflexion der Ideologie, die den vermehrten Einsatz von Glas in der Architektur des frühen 20. Jahrhunderts begleitete. Der Off-Kommentar bedient sich von Paul Scheerbart, einem Schriftsteller und Poeten, der 1914 das einflussreiche Buch Glass Architecture schrieb. Ein flüchtiger Blick auf unsere kontemporäres Umfeld bezeugt Scheerbarts fast ein Jahrhundert alte Vision einer Glaswelt so virtuos, dass sie „lie- ber brechen statt sich biegen würde“. Invisible Measure bewegt sich entlang Scheerberts fantastischer Projektionen und konfrontiert seine kristallenen Paläste mit der Realität des Plexiglas: Ein Material so biegsam wie unsere individuellen Bedürfnisse.
So wie sich unsere Vorstellung von Produktion beständig in Richtung des Immateriellen bewegt, tut es auch unsere Beziehung zur Sprache. Die „Transparenz“ von heute fungiert auf ei- nem viel höheren Level der Abstraktion, meint die Regierung, Wirtschaft, globalen Austausch. Transparency International ist eine globale Anti-Korruptions-Organisation. Peter Eigen, ehemaliger Einsatzleiter der World Bank in Afrika und Südamerika, gründete die Organisation 1993. Seitdem kann sich die Organisation einen guten Teil der Ausbreitung des Begriffs zuschreiben. Die Organisation hält Transparenz für quantifizierbar durch statistische Tiefenanalyse. Die Soundinstallation Through It Appearance (2013) basiert auf einem Interview des Künstlers mit Peter Eigen. Die Unterhaltung bringt überraschende Wortspiele hervor, die auf die immaterielle, nur schwer greifbare Natur des Begriffs hinweisen. Einzig Metaphern, die an Banalität grenzen, scheinen Transparenz wirklich beschreiben zu können. Die Arbeit lässt Eigens Stimme durch einen großen Raum schallen und deutet so eine verstecke Allmacht an.
Sprache, ähnlich wie Sehen, soll die Lücke füllen, die zwischen den Dingen wie sie sind und wie wir sie beschreiben klafft. Diese Ausstellung findet in der Lücke statt. Sie extrahiert die schwer greifbaren Geschichten von Menschen, die sich im Laufe der Geschichte auf diesem schmalen Grad gewandert sind. Invisible Measure möchte außerdem die Idee problematisie- ren, dass Sprache und Sehen sich irgendwo überschneiden. Eine richtige Perspektive heraus zu synthetisieren ist dabei nicht das Ziel. Vielmehr ist es der Versuch verschiedene Sichtweisen zu dezentralisieren, der Versuch einer Brechung.
Kuratiert von Anja Henckel und Nadim Samman
Mit Invisible Measures adressiert Beny Wagner eine Reihe von Momenten aus der Vergangenheit wie der Gegenwart, die als es fungieren oder fungierten. Der Ausgangspunkt der ausgestellten Arbeiten stellt dabei die Erfindung von Plexiglas dar. Plexiglas garantierte als erstes Material Transparenz ohne fragil zu sein. Als Plexiglas 1933 in Deutschland erfunden wurde, setzte man es umgehend militärisch ein. Die aktuellen Erben des Plexiglas-Patents sind stolz darauf, dass das Produkt es uns ermöglicht klar zu sehen, sind aber darauf bedacht, seine Herkunft verschleiert zu halten. In diesem Fakt liegt der Katalysator für die Reflexion der Ausstellung über unser Verständnis von Transparenz und wie es unser Bedürfnis klar zu sehen drastisch verändert hat. Die Arbeiten Vision Contract, Light Politics und Without Seams bedienen sich Plexiglas und der Sprache, die es repräsentiert, und bricht so mit systematischen Codes unserer Wahrnehmung.
Der Film Invisible Measure (2013) ist eine Reflexion der Ideologie, die den vermehrten Einsatz von Glas in der Architektur des frühen 20. Jahrhunderts begleitete. Der Off-Kommentar bedient sich von Paul Scheerbart, einem Schriftsteller und Poeten, der 1914 das einflussreiche Buch Glass Architecture schrieb. Ein flüchtiger Blick auf unsere kontemporäres Umfeld bezeugt Scheerbarts fast ein Jahrhundert alte Vision einer Glaswelt so virtuos, dass sie „lie- ber brechen statt sich biegen würde“. Invisible Measure bewegt sich entlang Scheerberts fantastischer Projektionen und konfrontiert seine kristallenen Paläste mit der Realität des Plexiglas: Ein Material so biegsam wie unsere individuellen Bedürfnisse.
So wie sich unsere Vorstellung von Produktion beständig in Richtung des Immateriellen bewegt, tut es auch unsere Beziehung zur Sprache. Die „Transparenz“ von heute fungiert auf ei- nem viel höheren Level der Abstraktion, meint die Regierung, Wirtschaft, globalen Austausch. Transparency International ist eine globale Anti-Korruptions-Organisation. Peter Eigen, ehemaliger Einsatzleiter der World Bank in Afrika und Südamerika, gründete die Organisation 1993. Seitdem kann sich die Organisation einen guten Teil der Ausbreitung des Begriffs zuschreiben. Die Organisation hält Transparenz für quantifizierbar durch statistische Tiefenanalyse. Die Soundinstallation Through It Appearance (2013) basiert auf einem Interview des Künstlers mit Peter Eigen. Die Unterhaltung bringt überraschende Wortspiele hervor, die auf die immaterielle, nur schwer greifbare Natur des Begriffs hinweisen. Einzig Metaphern, die an Banalität grenzen, scheinen Transparenz wirklich beschreiben zu können. Die Arbeit lässt Eigens Stimme durch einen großen Raum schallen und deutet so eine verstecke Allmacht an.
Sprache, ähnlich wie Sehen, soll die Lücke füllen, die zwischen den Dingen wie sie sind und wie wir sie beschreiben klafft. Diese Ausstellung findet in der Lücke statt. Sie extrahiert die schwer greifbaren Geschichten von Menschen, die sich im Laufe der Geschichte auf diesem schmalen Grad gewandert sind. Invisible Measure möchte außerdem die Idee problematisie- ren, dass Sprache und Sehen sich irgendwo überschneiden. Eine richtige Perspektive heraus zu synthetisieren ist dabei nicht das Ziel. Vielmehr ist es der Versuch verschiedene Sichtweisen zu dezentralisieren, der Versuch einer Brechung.
Kuratiert von Anja Henckel und Nadim Samman